Von Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IGBCE
In sechs Tagen wählt Deutschland einen neuen Bundestag. Während der Fokus im Wahlkampf auf der Migrationspolitik und dem damit verbundenen Tabubruch liegt, verfestigt sich die Krise der Industrie immer mehr. Mehr als 25.000 Arbeitsplätze in den Branchen der IGBCE stehen akut auf dem Spiel.
Durch den vorsätzlichen Tabubruch im Bundestag ist die Migrations- und Asylpolitik endgültig ins Zentrum des Wahlkampfes gerückt und hat die Brandmauer zur AfD damit eingerissen. Zwar fand der Gesetzentwurf zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes keine Mehrheit, aber umso wichtiger ist es nun, sich einem Rechtsruck entschlossen entgegenzustellen. Wir lassen nicht zu, dass die Normalisierung rechter Mehrheiten unsere Gesellschaft vergiftet und soziale Spaltung, Hetze und Demokratieverachtung unseren Alltag prägen.
Für die Regierungsbildung unter Demokratinnen und Demokraten nach der Bundestagswahl am 23. Februar ist ein Zusammenrücken der demokratischen Mitte in diesem Land deshalb dringend geboten. Dazu müssen auch in der Migrationspolitik gemeinsam getragene und sachgerechte Lösungen gefunden werden.
Aber nicht nur da: Für die Mitglieder der IGBCE ist ein Thema drängender als alle anderen. Mehr als drei Viertel von ihnen haben in einer App-Umfrage zur Bundestagswahl angegeben, dass die neue Bundesregierung sich am dringendsten um die wirtschaftliche Lage kümmern solle. Denn die ist hochkritisch: Mehr als 200 Restrukturierungs- oder Schließungsvorhaben sind allein in den – in der Regel energieintensiven – Branchen der IGBCE geplant, die am Ende mehr als 25.000 Arbeitsplätze kosten könnten. Unter den 41 IGBCE-Bezirken bundesweit gibt es keinen, der sich nicht mit Sparprogrammen, Stellenabbau, Restrukturierungen, Anlagen- oder kompletten Standortschließungen auseinandersetzen muss.
Natürlich regeln wir als IGBCE das meist sozialverträglich – niemand fällt da ins Bergfreie. Aber der Schaden für die gesamte industrielle Wertschöpfungskette – und damit den deutschen Wohlstandsmotor – ist schon jetzt groß. Denn was einmal weg ist, kommt nicht zurück.
Zu lange hat die Politik nur Ansprüche formuliert, aber selbst nicht geliefert. Und währenddessen hat sich die Krise der Industrie immer weiter verfestigt. So geht es nicht weiter. Die Wirtschaft muss endlich erste politische Priorität werden und die nächste Bundesregierung das Ruder herumreißen.