In „Alles ist Arbeit. Mühe und Lust am Ende des Kapitalismus“ untersuchen Mareile Pfannebecker und James A. Smith, wie die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit zunehmend verschwimmen. Sie zeigen, dass Arbeit immer mehr Lebensbereiche durchdringt, sodass fast jede Tätigkeit – bewusst oder unbewusst – zur Arbeit wird. Selbst Arbeitslosigkeit wird als „Arbeitssuche“ strukturiert und mit Terminen und Deadlines reglementiert.
Gleichzeitig wird klassische Arbeit immer mehr entwertet. Prekäre Arbeitsverhältnisse nehmen zu, traditionelle Berufe verlieren an Wert und Menschen müssen sich ständig selbst optimieren und vermarkten. Digitale Plattformen verstärken diesen Druck zusätzlich. Während die Unterscheidung zwischen Arbeit und Freizeit immer mehr verwischt, können viele Menschen mit ihrer Arbeit kaum noch ihren Lebensunterhalt sichern. Wer sich dieser Entwicklung nicht anpasst, riskiert den Verlust bürgerlicher Rechte – von der freien Wohnortwahl (weil man gezwungen ist, einen weit entfernten Job anzunehmen) bis hin zum Aufenthaltsrecht (bei der Unterscheidung zwischen „guten“ und „schlechten“ Migrant:innen).
Laut den Autor:innen könnte die Digitalisierung zur Vollautomatisierung und damit zum Ende des Spätkapitalismus führen. Solch eine Überwindung der Arbeit ist aus ihrer Sicht ein Fortschritt. Ob man diese Einschätzung teilt oder nicht – die Frage nach dem Verhältnis von Arbeit und Freizeit bleibt für linke und gewerkschaftliche Debatten zentral. Das zeigen wiederkehrende Angriffe auf Regelungen, die vor ausufernder Arbeitszeit schützen, wie Arbeitszeitregelungen oder Renteneintrittsalter, aber auch Forderungen nach Arbeitszeitreduzierung und Vier-Tage-Woche.
Aber was kommt nach der Arbeit? Wie gestalten wir unsere Freizeit? Auf diese Fragen gibt es keine einfachen Antworten. Weder die klassische Post-Work-Literatur, die uns vorschreiben will, wie ein gutes Leben auszusehen hat, noch die Versprechungen der Tech-Milliardäre bieten sinnvolle Lösungen. Die Herausforderung besteht darin, ein selbstbestimmtes, gemeinschaftliches Leben ohne moralische Vorgaben zu finden, irgendwo zwischen dem Ende der Arbeit und Arbeit ohne Ende. Das Buch liefert keine fertigen Antworten, sondern regt an, über das eigene und das gesellschaftliche Verhältnis zur Arbeit nachzudenken.