Von Frederik Moch, Leiter der Abteilung Struktur-, Industrie- und Dienstleistungspolitik, DGB
Wieder einmal ist eine Weltklimakonferenz nach zähen Verhandlungen zu Ende gegangen. Und wieder einmal entsprechen selbst wohlwollende Kommentierungen eher dem Lebensgefühl an einem grauen Novembertag. Kleine Schritte in die richtige Richtung: So fällt das Urteil derer aus, die noch den kleinsten Lichtblick positiv werten. Ein Scheitern auf ganzer Linie attestieren hingegen andere.
Angesichts des fortschreitenden Klimawandels sind die Fortschritte unzureichend. Das europäische Erdbeobachtungsprogramm Copernicus berichtete jüngst, dass 2024 das heißeste Jahr der Menschheitsgeschichte war. Das 1,5-Grad-Ziel ist praktisch unerreichbar, und trotz des Pariser Abkommens sind die CO2-Emissionen seit 1990 kontinuierlich um über 60 Prozent gestiegen. Den-noch macht jeder noch so kleine Fortschritt einen Unterschied und verdient Anerkennung. Das gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass bei den UN-Klimakonferenzen ungeachtet der globalen Kriege und Krisen fast alle Länder am Tisch sitzen und um Fortschritt ringen. Eine Welt ohne Klimakonferenzen wäre sicherlich keine bessere!
Wahrscheinlich wären die Emissionen höher und klimaneutrale Technologien weniger entwickelt. Denn gerade bei den Klimakonferenzen finden sich regelmäßig fortschrittliche Länderallianzen zusammen, die für eine weltweite Dynamik sorgen können. Dabei ist klar, dass man globale Probleme nur mit einem länderübergreifenden Ansatz lösen kann. Dass die wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen sehr unterschiedlich sind, liegt auf der Hand. Aber ohne die Suche nach Kompromissen gibt es keine noch so mühsamen Schritte nach vorne.
Das Kernthema in Baku war diesmal die Klimafinanzierung – also Finanzhilfen für Klimaanpassung und Transformation in Entwicklungsländern. Hier lagen die Forderungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern besonders weit auseinander. Am Ende stehen nicht die vom globalen Süden geforderten 1,3 Billionen Dollar im Jahr, aber immerhin soll es bis 2035 zu einer Verdreifachung auf dann 300 Mrd. Dollar kommen. Zudem sollen künftig auch finanzstarke Schwellenländer wie China oder die Golfstaaten auf freiwilliger Basis einen Beitrag leisten. Offen bleibt, wie und in welche Bereiche das Geld fließen wird. Angesichts der hohen Schuldenstände vieler Länder wären Zuschüsse der Kreditvergabe vorzuziehen. Zudem gab es keine Einigung, die ärmsten und verletzlichsten Länder vorrangig zu unterstützen. Gleiches gilt für die gewerkschaftliche Forderung, wonach diese Mittel verbindlich auch zur Unterstützung der Beschäftigten eingesetzt wer-den sollen. Die Verhandlungen über das für die Gewerkschaften wichtige „Just Transition Workprogramm“, dass die Auswirkungen der Klimatransformation auf die Arbeitswelt und entsprechen-de Handlungsmöglichkeiten thematisiert, wurden ohne Ergebnis vertagt. Zudem wurden keine erhofften Zusagen über die Abkehr von fossilen Brennstoffen gemacht.
Im kommenden Jahr findet die 30. Konferenz in Brasilien statt, bei der die Überarbeitung der nationalen Klimaschutzbeiträge im Mittelpunkt stehen wird. Bis Februar 2025 müssen alle Staaten gemäß dem Pariser Abkommen ambitioniertere Ziele als bisher festlegen. Aus Gewerkschaftssicht ist dabei entscheidend, dass neben den Minderungszielen endlich konkrete Vorgaben zum „gerechten Übergang“ („Just Transition“) aufgenommen werden. Dabei geht es beispielsweise um eine verbindliche Sozialpartnerbeteiligung oder quantitative Indikatoren wie die Beschäftigungsentwicklung. Ambitionierter Klimaschutz muss mit guter Arbeit, sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Entwicklung einhergehen. Die Beschäftigten dürfen nicht zu den Verlierern des Wandels werden. Hierfür werden Gewerkschaften weiterkämpfen!
Frederik Moch
Leiter der Abteilung Struktur-, Industrie- und Dienstleistungspolitik, DGB