Staatlicher Beteiligungsfonds von 120 Milliarden Euro für eine klimagerechte Transformation der deutschen Wirtschaft
Für die Industrie sind umfassende Investitionen in Zukunftstechnologien und Standortentwicklung notwendig.
Ein kreditfinanzierter Transformationsfonds kann die notwendigen Investitionen unterstützen.
Berlin. Ein staatlicher Transformationsfonds – German Sustainability Fonds (GSF) – im Umfang von zunächst 120 Milliarden Euro (3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) ist sinnvoll, um den für den Klimaschutz notwendigen Investitionen deutscher Unternehmen schnell den nötigen Schub zu geben. Über diesen kreditfinanzierten Fonds könnte sich der deutsche Staat an Unternehmen beteiligen, die ein klimafreundliches Wirtschaften massiv voranbringen können, denen dazu aber finanzielle Mittel (Eigenkapital) fehlen. Das können etablierte Industriebetriebe sein, die frühzeitig und im großen Maßstab in klimaneutrale Techniken investieren, aber auch Start-ups, die vielversprechende Geschäftsideen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen verfolgen.
Der Fonds sollte nach Auffassung des neu veröffentlichten Gutachtens „Ein Transformationsfonds für Deutschland“ des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, das in Kooperation mit der Stiftung Arbeit und Umwelt der IGBCE [1] entstanden ist, als Sondervermögen des Bundes eingerichtet werden. Das Anlagevolumen von zunächst 120 Milliarden Euro könnte jenseits der engen Grenzen der Schuldenbremse über Kredite finanziert werden, da es sich bei den Unternehmensbeteiligungen um finanzielle Transaktionen handelt, die nicht der Schuldenbremse unterliegen. Die Kompetenz, eine funktionierende Struktur für den Fonds aufzubauen, sehen die Autor*innen [2] des Gutachtens bei den Bundesministerien für Umweltschutz, für Finanzen und für Wirtschaft, bei der Bundesbank und der staatlichen Förderbank KfW. Sie empfehlen, zudem auch Expertise aus Wissenschaft, Umweltverbänden und Gewerkschaften einzubinden.
Mit dem Fonds sollen drei Ziele verfolgt werden:
- Unterstützen, dass die deutsche Industrie den nötigen Beitrag leisten kann, um die Klimaziele für 2030 und 2050 zu erreichen.
- Auch unter Transformationsbedingungen innovative und wettbewerbsfähige Unternehmen mit attraktiver, gut bezahlter Beschäftigung sichern und gegebenenfalls problematischen Übernahmen aus Nicht-EU-Ländern vorbeugen.
- Durch erfolgreiche Beteiligungen an Zukunftsunternehmen können Vermögenswerte für die öffentliche Hand geschaffen werden.
„Deutschland und Europa stehen vor enormen klima- und industriepolitischen Herausforderungen. Schon heute muss in Zukunftstechnologien und die industrielle Standortentwicklung in Deutschland investiert werden, um bis 2050 die Treibhausgasneutralität zu erreichen. Der Druck auf die Industrie ist daher groß. Doch viele Investitionen rechnen sich heute betriebswirtschaftlich noch nicht. Hier setzt das Konzept des Transformationsfonds an.“, kommentiert der Vorsitzende der Stiftung Arbeit und Umwelt sowie der IGBCE, Michael Vassiliadis, das Gutachten.
Staatsfonds als Teil nachhaltiger Industriepolitik
Wenn Unternehmen mit staatlicher Unterstützung möglichst bald einen vorerst noch sehr teuren, längerfristig aber profitablen Umstieg auf Zukunftstechnologien wagen, könnten daraus „auch große Chancen für den Industriestandort entstehen, darunter der Erhalt qualifizierter Arbeitsplätze, die Technologieführerschaft und eine schnellere Verbreitung von Technologien auch außerhalb Deutschlands“, argumentieren die Autor*innen des Gutachtens. Bei Beteiligungsentscheidungen könne sich der Transformationsfonds auf die bereits existierenden Nachhaltigkeitsregeln („Taxonomie“) der EU stützen, er müsse profitorientiert handeln, solle aber auch Beschäftigten- und Mitbestimmungsrechte im Auge haben und darauf achten, dass unterstützte Unternehmen keine Steuerflucht begehen.
„Der ambitionierte Umbau Deutschlands zu einer modernen Industriegesellschaft erfordert ebenso ambitionierte Konzepte und Ideen: Der Transformationsfonds ist eine davon. Er kann die gute Bonität des Staates nutzen, um die Dekarbonisierung der Wirtschaft voranzutreiben, die Investitionen anstoßen, die in den kommenden Jahren in der Industrie auf dem Weg zur Klimaneutralität notwendig sind, und kann gleichzeitig Gute Arbeit am Industriestandort Deutschland sichern. Kurz: Er wäre ein wichtiger Teil einer nachhaltigen Industriepolitik.“, betont die Geschäftsführerin der Stiftung Arbeit und Umwelt, Dr. Kajsa Borgnäs.
[1] Die Stiftung Arbeit und Umwelt ist der Nachhaltigkeits-Think Tank der IGBCE (Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie). Wir sind überzeugt, dass soziale Gerechtigkeit, Gute Arbeit und Mitbestimmung unverzichtbare Bestandteile jeder erfolgreichen ökologischen und wirtschaftlichen Transformation sind.
[2] Prof. Dr. Sebastian Dullien, Dr. Katja Rietzler und Dr. Silke Tober – Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.
Weitere Informationen finden Sie im Internet unter https://www.arbeit-umwelt.de/
Die Pressemitteilung finden Sie im Internet als PDF unter diesem Link
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