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Stabile Wertschöpfungsketten in der Kunststoffindustrie – Herausforderungen und Lösungsansätze

Die Kunststoffbranche steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Steigende Energiepreise, geopolitische Risiken und die Transformation zur Klimaneutralität belasten die Wertschöpfungsketten. Beim Fachgespräch wurden Perspektiven aus Wissenschaft, Gewerkschaften und Industrie beleuchtet, um Wege für eine stabile und wettbewerbsfähige Zukunft zu finden.

 

Am 13. November 2024 war die Premiere des neuen Veranstaltungsformats „industrieecho“. Das Thema lautete „Kunststoffe: Stabilität von Wertschöpfungsketten“. Zu Beginn der Veranstaltung wurde auf die Bedeutung stabiler Wertschöpfungsketten für die heimische Industrie hingewiesen. Geopolitische Spannungen, die Energiewende und regulatorische Vorgaben stellen die Branche allerdings vor enorme Herausforderungen. Die anschließende Diskussion konzentrierte sich auf die Chemieindustrie, insbesondere den Kunststoffsektor, der als Beispiel für die Transformation der Industriepolitik dient. Es diskutierten: Alexander Bercht (Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstandes der IGBCE), Thomas Wessel (Personalvorstand und Arbeitsdirektor Evonik Industries AG), Dr. Christoph Sievering (Wuppertal Institut) und Sabrina Schulze (Betriebsratsvorsitzende der Ritter GmbH). Durch die Veranstaltung führte Dr. Regina Weber von der Stiftung Arbeit und Umwelt der IGBCE.

Studie des Wuppertal Instituts: Ein Überblick

Dr. Christoph Sievering vom Wuppertal Institut stellte eine Kurzstudie zur Stabilität von Wertschöpfungsketten in der Kunststoffindustrie vor. Diese zeigt, dass die Branche mit strukturellen Herausforderungen wie Wettbewerbsnachteilen durch Importe und stagnierenden Absatzmärkten konfrontiert ist. Sievering betonte, dass eine kostengünstige und schnelle Transformation durch Technologien wie Carbon Capture and Storage (CCS) entscheidend sei, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Gewerkschaftliche Perspektive: Alexander Bercht

Alexander Bercht betonte die Notwendigkeit einer aktiven Industriepolitik, um die derzeitige Zurückhaltung bei privaten Investitionen in Unternehmen zu überwinden. Er betonte, dass staatliche Unterstützung für die Transformation unerlässlich sei, um Wohlstand und Arbeitsplätze zu sichern. Gleichzeitig forderte er mehr Pragmatismus bei der Umsetzung der Klimaziele, um die Akzeptanz in der Bevölkerung und der Industrie zu sichern.

Unternehmenssicht: Thomas Wessel

Thomas Wessel von Evonik Industries AG betonte die Bedeutung technologieoffener Ansätze. Er wies darauf hin, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Chemieindustrie nur erhalten werden könne, wenn bürokratische Hürden abgebaut und Investitionen in die Infrastruktur beschleunigt würden. Zudem hob er hervor, dass die Transformation sozialverträglich gestaltet werden müsse, um breite Unterstützung in der Gesellschaft zu finden.

Podiumsdiskussion: Herausforderungen und Lösungsansätze

Die anschließende Diskussion zeigte, dass die Unternehmen mit hohen Energiepreisen, komplexen Regulierungen und unsicheren Marktbedingungen zu kämpfen haben. Insbesondere kleinere Unternehmen stünden unter Druck, da sie weniger Ressourcen für die Transformation aufbringen könnten. Dies führe zu Unsicherheiten bei den Beschäftigten.

Die Frage nach dem optimalen Zeitpunkt für Investitionen wurde als ein zentrales Problem erörtert. Solange die Bereitschaft, für grüne Produkte mehr zu bezahlen, kaum vorhanden sei, würden die Unternehmen nicht in großem Umfang in diese Technologien investieren. Ein wichtiger Hebel  seien grüne Leitmärkte, um Investitionen in klimafreundliche Technologien zu fördern. Hervorgehoben wurde auch die beschleunigte Einrichtung einer CO₂-Infrastruktur und steuerliche Anreize für nachhaltige Innovationen. Eine weitere Forderung war der Abbau von Bürokratie, um Unternehmen mehr Flexibilität zu ermöglichen.

Die Diskussionsteilnehmer waren sich einig, dass der Industriestandort Deutschland nur durch Investitionen in Bildung, Forschung und eine moderne Infrastruktur wettbewerbsfähig bleiben könne. Auch der Zugang zu bezahlbarer Energie und gut qualifizierten Fachkräften wurde als entscheidend für die Zukunft betont.

Fazit: Die Balance zwischen Transformation und Stabilität

Die Veranstaltung machte deutlich, dass die Kunststoffindustrie vor einem Spagat steht: Einerseits müssen kurzfristige Herausforderungen gemeistert werden, andererseits erfordert die langfristige Transformation zur Klimaneutralität strategische Planung und Investitionen. Nur durch eine enge Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft können stabile Wertschöpfungsketten und ein wettbewerbsfähiger Industriestandort gesichert werden.

[Autorin: Verena Frank, unterstützt durch KI]